Die faktische Geschäftsführung im Steuerstrafrecht: Risiken, Rechtsprechung und Verteidigungsstrategien

Die faktische Geschäftsführung ist ein zentraler Begriff im Steuerstrafrecht – insbesondere dann, wenn es um die strafrechtliche Verantwortung von Personen geht, die formal nicht als gesetzliche Vertreter eines Unternehmens bestellt sind, aber faktisch die Geschicke bestimmen. Der Gesetzgeber hat mit § 35 AO (Abgabenordnung) eine Norm geschaffen, die diesen Personen unter bestimmten Voraussetzungen dieselben Pflichten auferlegt wie einem gesetzlichen Vertreter. Besonders relevant wird dies in Verbindung mit dem Tatbestand der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.

In der Praxis betrifft dies nicht nur organisierte Umsatzsteuerbetrugssysteme, sondern ebenso alltägliche Fälle wie Familienbetriebe oder Unternehmen in der Krise, etwa in der Insolvenz. Gerade in diesen Konstellationen ist es essenziell, die Grenzen und Voraussetzungen der faktischen Geschäftsführung genau zu kennen. Denn die Inanspruchnahme als faktischer Geschäftsführer kann nicht nur zivilrechtliche Haftungsfolgen, sondern auch erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wer ist faktischer Geschäftsführer?

Gemäß § 35 AO wird als faktischer Geschäftsführer jeder behandelt, der im eigenen oder fremden Namen auftritt und rechtlich sowie tatsächlich in der Lage ist, die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen. Dabei muss sowohl ein Auftreten im Außenverhältnis als auch eine sogenannte Erfüllungsmacht vorliegen. Diese Kombination aus objektiver Machtausübung und rechtlicher Befugnis macht die Beurteilung so komplex.

Die Anforderungen an diese beiden Tatbestandsmerkmale werden in der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet. Der Bundesfinanzhof (BFH) stellt strenge Anforderungen an die rechtliche Verfügungsmacht. Ein Beispiel hierfür liefert die Entscheidung vom 20. Februar 2024 zum sogenannten „Sachwalter-Fall“. In diesem Fall wurde ein Rechtsanwalt als Sachwalter in einem Insolvenzverfahren durch seine tatsächliche Kontrolle über ein Anderkonto als Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO eingestuft. Der BFH betonte, dass die reine faktische Einflussnahme nicht genügt – erforderlich sei eine bürgerlich-rechtlich abgesicherte Befugnis.

Abweichende Sichtweise des BGH

Im Gegensatz dazu zeigt sich in der strafrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine deutlich großzügigere Auslegung. In mehreren grundlegenden Entscheidungen – etwa zu den Fällen „Goldhandel“, „Kupferhandel“ oder „Platinmünzen“ – hat der BGH die Schwelle zur faktischen Geschäftsführung deutlich niedriger angesetzt. Entscheidend sei bereits, wenn jemand im Rahmen eines gemeinsamen Tatplans „freie Hand“ zur Geschäftsführung hatte. Daraus ergibt sich ein Spannungsverhältnis zur restriktiveren Sichtweise des BFH.

Dieses Spannungsfeld zwischen beiden obersten Gerichtshöfen schafft für Beschuldigte ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit. Je nachdem, welche Linie sich in einem konkreten Strafverfahren durchsetzt, kann die Frage der Verantwortlichkeit unterschiedlich beantwortet werden. Für Verteidiger bedeutet dies, dass sie die Rechtsprechung beider Gerichte im Detail kennen und analysieren müssen, um die richtigen Verteidigungsansätze zu entwickeln.

Typische Konstellationen in der Praxis

Typischerweise tritt die faktische Geschäftsführung in wirtschaftlichen Krisensituationen auf: Insolvenzverwalter, die auf eigene Konten zugreifen, Familienangehörige, die Geschäfte im Namen des eigentlichen Betriebsinhabers führen, oder Hintermänner bei Scheinunternehmen. Gerade bei letzteren Fällen wird die Frage der faktischen Geschäftsführung oft mit dem Versuch verbunden, die eigentlichen Entscheidungsträger strafrechtlich zu belangen.

Doch auch in alltäglicheren Szenarien – etwa im mittelständischen Handwerk oder Einzelhandel – können sich Angestellte oder externe Berater durch zu große Eigenständigkeit in eine Rolle begeben, die ihnen rechtlich nicht zusteht, ihnen aber nach § 35 AO zugerechnet wird. Die Schwelle zwischen loyaler Mitarbeit und faktischer Geschäftsführung kann dabei fließend verlaufen.

Komplexität im Steuerstrafverfahren

Sobald im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Vorwurf einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen erhoben wird, ist das Konstrukt der faktischen Geschäftsführung häufig ein zentrales Argument der Strafverfolgungsbehörden. Die Herausforderung besteht darin, die abstrakten rechtlichen Kriterien mit dem tatsächlichen Verhalten des Beschuldigten in Einklang zu bringen.

Die Praxis zeigt, dass Ermittler dazu neigen, Indizien wie Weisungsbefugnisse, E-Mail-Kommunikation, Verfügungsrechte über Geschäftskonten oder die Repräsentation nach außen als Beweis für eine faktische Geschäftsführung zu deuten. Dabei werden die gesetzlichen Anforderungen nicht selten verkürzt dargestellt oder fehlinterpretiert. Umso wichtiger ist es, mit einem spezialisierten Strafverteidiger zusammenzuarbeiten, der die Argumentation sachlich und fundiert entkräften kann.

Verteidigungsstrategien und die Rolle von Dr. Maik Bunzel

Ein effektiver Strafverteidiger muss frühzeitig die Weichen im Verfahren stellen und insbesondere im Zwischenverfahren klare Position beziehen. In dieser Phase kann durch gezielte Anträge, Widersprüche und Beweisanträge der Fokus der Ermittlungen gelenkt werden.

Dr. Maik Bunzel, Fachanwalt für Strafrecht und zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht, kennt diese Mechanismen aus zahlreichen erfolgreichen Verfahren. Er weiß, wann ein vermeintlicher „faktischer Geschäftsführer“ sich tatsächlich nur im Rahmen einer delegierten Aufgabenwahrnehmung bewegte und wann das rechtliche Fundament für eine echte Verantwortlichkeit fehlt. Seine Kanzleien in Cottbus, Berlin und Kiel sind auf die Verteidigung in wirtschaftsstrafrechtlichen Verfahren spezialisiert und stehen bundesweit zur Verfügung.

Ein wichtiges Mittel in der Verteidigung ist die genaue Analyse der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens, der internen Entscheidungsprozesse sowie der vertraglichen Grundlagen zwischen dem Beschuldigten und dem eigentlichen Unternehmensträger. Je nach Fallkonstellation kann dadurch nachgewiesen werden, dass keine rechtlich wirksame Verfügungsmacht vorlag – oder dass der Mandant in einer Rolle agierte, die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 35 AO liegt.

Fazit

Die faktische Geschäftsführung im Steuerstrafrecht ist ein hochkomplexes Thema, das erhebliche Risiken für die Betroffenen mit sich bringt. Wer sich in einer Rolle wiederfindet, die möglicherweise als faktische Geschäftsführung gedeutet werden kann, sollte umgehend professionellen Rat einholen.

Dr. Maik Bunzel verfügt als Fachanwalt für Strafrecht und erfahrener Verteidiger in Steuerstrafsachen über die notwendige Expertise, um Mandanten gegen unberechtigte Vorwürfe zu verteidigen. Ob in der Frühphase eines Ermittlungsverfahrens, im Hauptverfahren oder bereits im Rahmen von Durchsuchungen – seine strategische Erfahrung und sein tiefes Verständnis für die steuerlichen und strafrechtlichen Zusammenhänge sind ein unschätzbarer Vorteil.

Wenn Ihnen der Vorwurf gemacht wird, faktischer Geschäftsführer gewesen zu sein oder eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen begangen zu haben, empfiehlt es sich, keine Zeit zu verlieren. Nutzen Sie das Kontaktformular auf strafverteidiger-cottbus.de und vereinbaren Sie einen Termin mit Dr. Maik Bunzel. Eine kompetente und engagierte Verteidigung kann entscheidend sein – sowohl für Ihre berufliche Zukunft als auch für Ihre persönliche Freiheit.

Kontakt

In dringenden Fällen erreichen Sie Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus rund um die Uhr unter 0151 21 778 788. Die Kanzlei ist telefonisch montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr unter 0355 49 49 45 50 erreichbar.

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